1.11.2023
Der Pflichtteil des Erbens
In Zusammenhang mit dem Anspruch auf den Pflichtteil und einer vollständigen Enterbung kommt die Regelung des
Testaments an Grenzen, die von den Erblassern häufig als störend empfunden wird. Gerade wenn Kinder
den Kontakt zu ihren Eltern abgebrochen haben oder wenn Ehegatten aus verschiedenen Gründen auch nicht den
Pflichtteilsanspruch erhalten sollen, stellt sich die Frage, welche Alternativen zur vollständigen Enterbung im
deutschen Erbrecht vorgesehen sind. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Entzug des Pflichtteils nach den
Vorschriften des BGB erfolgen, der einer
Enterbung des
Pflichtteilsberechtigten
gleichkommt.
Damit diese Entziehung rechtswirksam erfolgen kann, müssen mehrere Gründe vorliegen und einzeln im handgeschriebenen
Testament aufgezählt werden. Kinder und Enkel, die mit dem dem Erblasser einen Erbvertrag geschlossen haben, oder
die nahestehende Personen mit der
häuslichen Pflege
beauftragt haben, können mit einem sogenannten Vermächtnis bedacht werden. Ein solches Vermächtnis ist fast immer
besser als der Pflichtteilsentzug, auch in dem Fall, dass ein Erbe seiner Fürsorgepflicht gegenüber dem Erblasser
nicht regelmäßig nachgekommen ist.
Abgesehen davon ist im deutschen Erbrecht eine Entziehung des Pflichtteils dann möglich, wenn der
Pflichtteilsberechtigte sich einer verzögerten Auszahlung des Erbes schuldig gemacht hat. Wenn einer dieser Gründe
vorliegt, ermöglicht das Gesetz eine Enterbung, weil es nicht hinnehmbar ist, die verstorbene Person bei der
Aufteilung des Nachlasses zu berücksichtigen. Die Voraussetzung für eine Erbausschlagung ist in jedem Fall eine
anwaltliche Beratung,
und zwar nicht nur für die Kinder, sondern auch für die anderen Abkömmlinge des Erblassers, sowie natürlich für
dessen Eltern und Ehegatten.
Erbausgleich
Die gesetzlich festgelegten Möglichkeiten für einen vorzeitigen Erbausgleich treffen in nur relativ seltenen
Fällen zu, weshalb bei vielen vermögenden Erblassern der Wunsch besteht, das Testament direkt von einem Anwalt für
Erbschaftsrecht
aufsetzen zu lassen. Nur auf diese Weise ist es möglich, eine erbberechtigte Person von ihrem Erbe auszuschließen,
ohne zugleich den Weg für juristische Auseinandersetzungen um das Erbe zu eröffnen.
Es liegt deshalb nahe, nach anderen Wegen zu suchen, um die Erbschaftssteuer zu umgehen. Der Gedanke, den Erben
offiziell mit einem geringen Betrag zu bedenken, ihm tatsächlich aber eine wesentlich höhere Summe zu vermachen,
führt hier nicht zum Ziel. Denn in diesem Fall kann das Finanzamt den
Pflichtteilsanspruch
pfänden und auf diese Weise Nachzahlungsansprüche geltend machen, gegen die wiederum nur mit Hilfe eines
Rechtsanwalts vorgegangen werden kann.
Schenkung
Eine Schenkung unter Lebenden
erscheint daher vielen zukünftigen Erblassern als gute Lösung. Wenn sie ihr Vermögen zu ihren Lebzeiten
weitergeben, mindern sie das Erbe, so dass nach dem Ableben praktisch nichts übrig bleibt, und das Finanzamt also
leer ausgeht. Diese Vorgehensweise ist aber nur eingeschränkt möglich, weil Schenkungen, die weniger als elf Jahre
vor dem Erbfall
getätigt wurden, anfechtbar sind, und nachher bei der Aufteilung des Erbes nicht angerechnet werden können.
In Anbetracht der derzeitigen Rechtslage kann eine
Erbengemeinschaft
also nur insgesamt enterbt werden, auch wenn keiner der anderen Gründe zutrifft, und eine Erbeinsetzung wirkungslos
bleibt, sofern es sich nicht um einen Pflichtteilsanspruch handelt. Unter bestimmten Umständen kann der Erblasser
versuchen, noch zu Lebzeiten eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung zu finden, indem er einen Erbvertrag mit seinen
Abkömmlingen aufsetzt.
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